Home

Die „Spanische Grippe“

Ein ignoriertes Virus – Millionen Tote – Wenig Quellen

Millionen Tote und kaum Quellen. Leere Archive und kaum Literatur. Wurde die „Spanische Grippe“ wirklich ignoriert? Nahmen Zeitgenossen keine Notiz von der schlimmsten Pandemie, die es bisher gab? Dieser Frage wird im Folgenden nachgegangen. Lungenentzündung infolge einer Influenza ist eine der am häufigsten gestellten Diagnosen zur Zeit der „Spanischen Grippe“.

Eine Frau liegt im Bett, ihr geht es nicht gut. Vor zwei Tagen war sie einkaufen und schüttelte einer Bekannten, welche sie traf, die Hand. Nun leidet sie unter hohem Fieber, trockenem Husten, sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Diagnose: Lungenentzündung. Sie hat sich in der ersten Welle angesteckt. Ihr Körper hatte noch nicht die Möglichkeit Antikörper zu bilden. Sie wird einer Krankheit erliegen, von der sie noch nie gehört hat.

Zwischen 25 und 50 Millionen Opfer fordert die so genannte „Spanischen Grippe“ nach Schätzungen weltweit. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich höher. Der erste Weltkrieg tut sein Übriges. Die Verbreitung der Krankheit wird durch die globale Auseinandersetzung maßgeblich gefördert und die Bekämpfung der Pandemie deutlich erschwert. Impfungen gibt es noch nicht. Die Spanische Grippe ist als solche keine neue Situation für die Menschheit, die sich in vergangenen Zeiten bereits mit Grippeviren auseinandersetzen musste. Jedoch kann die nun vorherrschende Seuche erstmals als global bezeichnet werden Der Erste Weltkrieg bildet die idealen Voraussetzungen für die Verbreitung des Erregers. Dennoch erhält die Spanische Grippe zum Zeitpunkt ihrer Ausbreitung in einigen Ländern kaum Aufmerksamkeit. So fällt bei der Betrachtung deutscher Zeitungen aus dieser Zeit auf, das der neue Krankheitserreger kaum Erwähnung findet. Und dass, obwohl die Spanische Grippe in drei klar trennbaren Wellen, auftritt.

Medizinischer Charakter und historische Heilungsmethoden

Was machte die Menschen krank?

Welcher Krankheitserreger verursachte die „Spanische Grippe“? Von welcher Ursache ging man damals aus?

Influenza-A-Virus H1N1, Transmissionselektronenmikroskop-Aufnahme (Stamm A/CA/4/09, Erreger der Influenza-Pandemie 2009)

Goldsmith, C. S. and Balish, A.: Centers for Disease Control and Prevention: This colorized negative stained transmission electron micrograph (TEM) depicted some of the ultrastructural morphology of the A/CA/4/09 swine flu virus. o.O. 2009. URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:CDC-11215-swine-flu.jpg [Abgerufen am 15.10.2021].

Heute wissen wir: Die „Spanische Grippe“ wurde durch das sogenannte Influenza-A-Virus H1N1 ausgelöst. Die Forschung hat aktuell viele Erkenntnisse zum Charakter der H1N1-Viren. Lange Zeit aber wussten die Menschen nicht was sie wirklich krankmachte. Erst 1933 wurde das Influenza-Virus als Erreger der „Spanischen Grippe“ erkannt. Diese Entdeckung verdankte man neuartigen Mikroskopen. Auf diese Weise konnten, die bisher nicht sichtbaren Viren für das menschliche Auge erst sichtbar gemacht werden. Damals waren Bakterien die kleinsten Krankheitserreger, die von Menschen mit technischen Mitteln erkannt werden konnten. Zum Zeitpunkt der Pandemie wusste also niemand was die Menschen eigentlich wirklich krank machte.

Hauptinfektionsort, Schematische Darstellung des menschlichen Atemsystems

OpenStax College: Major Respiratory Organs. Illustration from Anatomy & Physiology. URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:2301_Major_Respiratory_Organs.jpg [Abgerufen am 16.10.2021].

Für diese Lungenentzündungen und die Krankheit allgemein machte die Medizin damals das Bakterium Haemophilus influenzae verantwortlich, dass man in ausgehustetem Schleim gefunden hatte. Der populären Lehrmeinung nach kam diese Theorie einer bakteriellen Ursache am ehesten in Frage. Dies hat sich als falsch herausgestellt. Bakterien waren meist nur der Grund für eine sogenannte sekundäre Infektion der Lunge. Die geschwächte Lunge der Erkrankten konnte die bakteriellen Erreger nicht mehr abwehren.

Mikroskopische Aufnahme des Bacillus influnzae in Sputum, (Reeve 003600), National Museum of Health and Medicine.

National Museum of Health and Medicine: Bacillus influenza in sputum (Reeve 003600), URL: https://www.flickr.com/photos/medicalmuseum/40347343940/in/album-72157614214049255/ [Abgerufen am 20.11.2020].

Tödliche Lungenentzündungen

Was machte die „Spanische Grippe“ also so tödlich? In den schlimmen Verläufen einer Infektion war es unerheblich, ob ein Bakterium oder Virus die Lungenentzündung bewirkt hatte. Für die zeitgenössischen Mediziner war es auch nicht zu unterscheiden. Sie beobachteten Patienten und sahen, dass sich in den entzündeten Lungen große Mengen an Flüssigkeit bildeten. An diesen Mengen aus Blut, Eiter und Flüssigkeit in der Lunge erstickten die Menschen. Schon nach 1 oder 2 Tagen war es möglich auf diese Weise zu sterben.  Dieser Tod durch Lungenentzündung stellte die Haupttodesursache der „Spanischen Grippe“ dar.  Amerikanische Ärzte präparierten Lungen-Proben von verstorbenen Soldaten. Diese Proben zeigen den Pneumonie genannten Zustand der erkrankten Lungen.

Bronchopneumonia and interlobular pleurisy, due to influenza, Army Medical Museum Acc. No. 3122.

National Museum of Health and Medicine: Lung specimen with influenza (Reeve 042859), URL: https://www.flickr.com/photos/medicalmuseum/3300170804/in/album-72157614214049255/ [Abgerufen am 20.11.2020].

Aufgrund der zunehmenden Lungenentzündung nahm der Sauerstoff-Gehalt im Körper zunehmend ab. Die Haut färbte sich wegen diesem Sauerstoffmangel zunehmend bläulich. Viele Erzählungen über die „Spanische Grippe“ berichten von dieser blauen Hautfarbe der Verstorbenen. Dieser Zustand wird Zyanose genannt.

Zyanose, Folge einer Lungenentzündung durch Influenza-Erkrankung

British Ministry of Health: Reports on Public Health No. 4. Report on the Pandemic of Influenza 1918-19, London 1920, Plate 2. [Bereitgestellt auf: FluWeb Influenza Historical Resources Database, URL: http://influenza.sph.unimelb.edu.au/MOH_home.php%5D.

Schwerer Fall einer Zyanose, Folge einer Lungenentzündung. 

British Ministry of Health: Reports on Public Health No. 4. Report on the Pandemic of Influenza 1918-19, London 1920, Plate 3. [Bereitgestellt auf: FluWeb Influenza Historical Resources Database, URL: http://influenza.sph.unimelb.edu.au/MOH_home.php].

Außergewöhnlich junge Opfer

Auffällig ist, dass vor allem junge Menschen besonders schlimm von der „Spanischen Grippe“ betroffen sind. Vor allem die Altersgruppe der 20- bis 40-jährigen hat besonders oft starke Komplikationen. Für die hohe Zahl der eigentlich vitalen und gesunden Opfer hatte die damalige Zeit keine Erklärungen. Heutige medizinische Hypothesen gehen davon aus, dass die „Spanische Grippe“ das Immunsystem der Erkrankten aus dem Ruder brachte. Besonders bei vitalen Personen mit starkem Immunsystem wendete sich dieses sehr stark gegen die eigene Gesundheit.

Gestorben im Alter von 21 Jahren, Todesanzeige vom 15. Oktober 1918, Breckerfelder Zeitung.

Fiand, Franz: Todesanzeige Heinrich Fiand. in: Breckerfelder Zeitung, 15.10.1918, S. 4, URL: https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/8040200 [Abgerufen am 11.10.2020].

Behandlung

Mittel der Bevölkerung

Die einfache Bevölkerung hatte meist keine Mittel zur medikamentösen Behandlung der „Spanischen Grippe“.  In den meisten Fällen wurde die Erkrankung durch Bettruhe, Inhalation und Umschläge behandelt. Von der Desinfektion des Mundbereichs versprach man sich einen Schutz vor der Infektion. So wurden beispielweise November 1918 chemische Mundpastillen und auch hochprozentiger Alkohol in Zeitungen zum Verkauf beworben.

Annonce für desinfizierende Mundpastillen, General-Anzeiger Dortmund, 14. November 1918.

Gegen Grippe! in: General-Anzeiger für Dortmund und die Provinz Westfalen, 14.11.1918. S. 3, URL: https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/6762404 [Abgerufen am 23.01.2021].

Annonce für alkoholische Getränke gegen Grippe, General-Anzeiger Dortmund, 02. November 1918.

Gegen Grippe. in: General-Anzeiger für Dortmund und die Provinz Westfalen, 02.11.1918. S. 3, URL: https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/6762368 [Abgerufen am 23.01.2021].

Aber auch verbreitete Medikamente kamen zum Einsatz. Eine Mutter schreibt in einem Brief an ihren Ehemann über ihre Medikationspläne für die erkrankte Tochter.

„[…] Gretchen hat sich ins Bett gelegt, sie hatte auch Fieber, Hoffentlich keine schwere Grippe. Werde ihr nachher Aspirin einverleiben, weiß gar nicht welchen [durchgestrichen] […] nehmen, lieber doch Vorsicht als Nachsicht.“ (Ehefrau an Ernst Rasch 23.10.1918, 3.2002.9052, Museumstiftung Post und Telekommunikation)

Lovis Corinth: Das kranke Kind (1918), 19×24.1cm, Radierung, National Gallery of Art, Washington

Corinth, Lovis: Das Kranke Kind. (1918), in: Schwarz, Karl: Das graphische Werk von Lovis Corinth. Berlin 1922, Nr. 333, URL: https://www.nga.gov/collection/art-object-page.74079.html [Abgerufen am 25.11.2020].

Symptombekämpfung

Auch in der Medizin versuchte man durch sogenannte Antipyretika wie Aspirin das Fieber zu senken und Schmerzen zu lindern. Zusätzlich wurden hustenlösende Medikamente und Mittel zur Behandlung des Hustenreizes verabreicht. Wirkstoffe wie Koffein oder Adrenalin sollten das Herz-Kreislauf-System aufrechterhalten. Die Medizin setzte somit auf eine reine Bekämpfung der Symptome. Gegen den Virus konnte sie nichts machen.

Aspirin-Glasflasche mit 20 Tabletten zu 0,5 g (Wirkstoff: Acetylsalicylsäure), ca. 1912 bis 1928.

Bayer Archives Leverkusen: Aspirin. Faltschachtel mit 20 Tabletten zu 0,5 g in Glasflasche mit Korkverschluss – vergrößerte Nachbildung. Inv. Nr. 5, Bild Nr. 4: 4-5. [Mit freundlicher Genehmigung bereitgestellt].

Ratlosigkeit und Quacksalberei

Die Ratlosigkeit der Medizin zeigte sich auch bei den Behandlungsmethoden. Ärzte verabreichten in Therapieversuchen teils hochgiftige und gefährliche Medikamente. Der Wirkstoff Optochin sollte Bakterien bekämpfen und führte gelegentlich zur Erblindung von Patienten. Die Nebenwirkungen nahm man in Kauf. Auch Wirkstoffe wie Codein, Morphium und Opium kamen zum Einsatz, die heute als Drogen eingestuft werden. Die Behandlungserfolge blieben allerdings gering.

Die „spanische Grippe“ – Ein Verlauf in drei Wellen

Verlauf in drei Wellen

Nachdem die „Spanische Grippe“ im mittleren Westen der USA ihren Ausgangspunkt nahm, verbreitet sie sich rasant über die Welt. Das Auftreten in Wellen macht eine zeitliche Darstellung der „Spanischen Grippe“ in den Jahren 1918 bis 1919 möglich. In den Jahren des Ersten Weltkriegs (1914-1918) wurden, mittels Truppentransporten, viele US-amerikanische Soldaten nach Frankreich verschifft. Dies stellt für Europa den Startpunkt der „Spanischen Grippe“ dar. Über die französischen Atlantikhäfen, wie Brest oder Bordeaux, gelangte die Viruserkrankung auf die Schlachtfelder und später über Verwundeten- und Gefangenentransporte in die einzelnen europäischen Länder. Für den europäischen Kontinent ist von einer geographischen West-Ost-Entwicklung der „Spanischen Grippe“ auszugehen.

Die zweite Welle, beginnend Ende August/ Anfang September, der Erkrankungen hatte hohe Sterblichkeitsraten in den betroffenen Ländern zur Folge. Die Mutation des Virus ging einher mit beschleunigten Krankheitsverläufen, die Lungengewebe stärker angriffen und zerstörten. So ist bekannt, dass Erkrankungen teilweise innerhalb eines Tages, nach auftreten der ersten Symptome, zum Tod führten. Die zweite Welle gilt als tödlichste Welle der „Spanischen Grippe“. Über den geographischen Verlauf ist recht wenig bekannt. Dies liegt unter anderem am dezentralen und gleichzeitigen Auftreten der Erkrankungsherde.

Die dritte Welle der „Spanischen Grippe“ trat zwischen Ende Dezember 1918 und dem Frühjahr 1919 auf. Die Auswirkungen auf die europäische Bevölkerung fielen geringer als bei den vorherigen Wellen aus. Eine Erklärung dafür bietet der abgeschwächte Virustyp dieser Welle und die relativ hohe Immunisierung der Menschen durch die vorherigen zwei Wellen.

Die Abbildung zeigt die Verlaufskurven und Monate der beginnenden „Spanischen Grippe“ um 1918 in Europa. Zu erkennen sind die Ausgangspunkte der Pandemie in französischen Hafenstädten an der Atlantikküste. Die hier anlandenden US-Soldaten brachten das Virus weiter auf die Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs. Die zeitliche Abfolge der Pandemie (dargestellt durch Pfeile und Monate) macht den geographischen Verlauf von West- nach Osteuropa deutlich.

Dieudonné, Lukas: Karte des Infektionsverlaufs in Europa – 1. Welle, Bochum 2020. (Basierend auf Informationen aus: Patterson, K. David; Pyle, Gerald F.: The geography and mortality oft he 1918 influenza Pandemic, in: Bulletin oft he History of Medicin Vol. 65 (1991) No. 1, S. 4-21.

Namensgebung und Zensur

Ausbreitung der „Spanischen Grippe“

Die Infektionswege der Epidemie auf einer Karte Westeuropas mit den Ländergrenzen von 1918. Das kriegsneutrale Spanien bildet nicht den Ausgangspunkt der Epidemie auf europäischem Boden. Die Forschung geht davon aus, dass amerikanische Soldaten den Virus über Frankreich und Portugal nach Europa brachten. Trotzdem entsteht durch die Presse schnell der Mythos der „Spanischen Krankheit“.

Dieudonné, Lukas: Karte des Infektionsverlaufs in Europa – 1. Welle, Bochum 2020. (Basierend auf Informationen aus: Patterson, K. David; Pyle, Gerald F.: The geography and mortality oft he 1918 influenza Pandemic, in: Bulletin oft he History of Medicin Vol. 65 (1991) No. 1, S. 4-21.

Das Mysterium auf der iberischen Halbinsel

In Artikeln der Schwerter Zeitung wird beiläufig über eine rätselhafte Krankheitswelle berichtet, die Spanien überrollt. Es wird von einer verheerenden Ausbreitung gesprochen. Berichten zufolge sind sogar der spanische König und wichtige Minister von der Infektion betroffen. Das öffentliche Leben kommt zum Stillstand. Im gleichen Atemzug wird die Pandemie verharmlost und als ungefährlich dargestellt.

Schwerter Zeitung. Amtliches Kreisblatt für den Kreis Hörde Nr.123; 29. Mai 1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier.

Schwerter Zeitung. Amtliches Kreisblatt für den Kreis Hörde Nr. 126; 01. Juni 1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier.

Berichterstattung der deutschen Presse

In Spartenartikeln der lokalen Tageszeitungen wird die Epidemie im Juli des Jahres 1918 konkret als „Spanische Krankheit“ betitelt. Die Bezeichnung der Pandemie nach dem vermuteten Herkunftsort ist zu dieser Zeit nichts Ungewöhnliches. Der Verlauf und das Auftreten der Krankheit im eigenen Land werden weiterhin heruntergespielt. Der Zustand in verfeindeten Ländern wird hingegen dramatisch dargestellt.   

Kölner Lokal-Anzeiger; J.P Bachem Verlag Köln;03. Juli 1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Universitäts- und Landesbibliothek Bonn.

 

Die Westfront. Nachrichtenblatt der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz Nr. 46; 04. Juni 1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz.

Eine Viruserkrankung – Viele Bezeichnungen

Im Oktober 1918 befasst sich die amerikanische Presse bereits ausführlicher mit der Influenzapandemie. Der Begriff „Spanish Influenza“ wird hier neben anderen Titeln für die Viruserkrankung aufgeführt und nicht wertend verwendet. Zudem wird in diesem ausführlichen Artikel auf medizinische Literatur über das Influenzavirus verwiesen. Der geheimnisvolle Charakter der Krankheit wurde durch medizinische Erforschung aufgeklärt. 

The Odgen Standard; Ogden City (Utah) USA; 07. Oktober 1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Library of Congress Online Catalog.

Mediale Darstellung der „Spanische Grippe“

Berichterstattung in der deutschen Presse

Vergleich mit der Epidemie der 1830er Jahre

Am 11. Juni 1918 vergleicht die Vorwärts Zeitung die „Spanische Grippe“ mit der Epidemie der 1830er Jahre. Aufgrund der sanitären Maßnahmen würde die derzeitige Krankheit vollkommen unschädlich gemacht. Bislang käme es trotz der hohen Zahl an Patienten nur zu wenigen Todesfällen.

Vorwärts Zeitung, 11.06.1918, S. 6; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung. URL: http://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW35157&page=6.

Angeblicher Rückgang der „Spanischen Grippe“

Laut diesem Artikel soll die Grippe ihren Höhepunkt überschritten haben, obwohl vereinzelt noch neue Ausbrüche zu verzeichnen sind. Jedoch seien mehr Krankheitsabmeldungen dokumentiert und nur in wenigen Fällen käme es zu Komplikationen. Die Dauer der Krankheit betrüge in den meisten Fällen 4-16 Tage und nur bei Lungenkranken sei mit einer längeren Dauer zu rechnen.

Vorwärts Zeitung. 11.07.1918, S. 3; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung. URL: http://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW35187&page=2.

Neue Fälle der Grippe werden registriert

Am 09. Oktober 1918 werden in Berlin und in den Vororten neue Fälle der „Spanischen Grippe“ registriert. Im Gegensatz zu der ersten Welle scheint diese minder schwer zu sein. Die Ursache für die neuen Fälle wird im wechselhaften Herbstwetter gesehen.

Vorwärts Zeitung, 09.10.1918, S. 3; Tageszeitung; Tagesdruckpapier; Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung. URL: http://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW35277&page=2.

Die zweite Welle fordert zahlreiche Opfer

Die „Vorwärts“ meldet am 11. Oktober 1918, dass die Fälle im Vergleich zur ersten Welle stark zugenommen haben. Nicht selten gehe die Grippe in eine Lungen- und Brustfellentzündung über.Laut den amtlichen Stellen läge dennoch kein Grund zur Besorgnis vor.

Vorwärts Zeitung, 11.10.1918, S. 3; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung. URL: http://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW35279&page=2.

Menschenansammlungen trotz Todesfällen

In der Recklinghäuser Zeitung vom 19. Oktober 1918 wird von vielen schweren Krankheitsverläufen und mehreren Todesfällen auf Grund der Grippe in der Bauernschaft Ehsel berichtet. Von den Behörden wird eine Schulschließung veranlasst. Gleichzeitig wird der Besuch eines Volksunterhaltungsabends in Herten empfohlen.

Recklinghäuser Zeitung, 19.Oktober 1918, Tageszeitung, Zeitungsdruckpapier.

Folgen der Grippe

Aufgrund der Massenerkrankung leidet der Luft-, Telegraphen- und Fernsprecherverkehr. In Berlin-Friedenau sind aufgrund der Grippe alle Gemeindeschulen zunächst bis zum 28. Oktober geschlossen.

Vorwärts Zeitung, 22.10.1918, S. 3; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung. URL: http://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW35290&page=2.

Die „Spanische Grippe“ breitet sich weiter aus

Laut der „Vorwärts“ vom 22. Oktober 1918 breitet sich die Grippe weiter in Teilen Berlins aus. Bislang sind 100 Schulen geschlossen worden und die Fälle der Erkrankten und der Toten häufen sich.

Vorwärts Zeitung, 22.10.1918, S. 3; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung. URL: http://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW35290&page=2.

Empörung der Ärzte in Mannheim

Die Ärzte in Mannheim sind empört über die Wiederöffnung der öffentlichen Freizeitaktivitäten. Die Ärzte und Krankenhäuser sind überfordert mit der derzeitigen Situation. Sie wollen keine Verantwortung für weitere Folgen übernehmen.

Süddeutsche Zeitung, 24.10.1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: IZM, D-15-574.

Der Ernst der Lage wird nicht erkannt

In Laichingen wird der Krankheitserreger der Grippe erforscht. Die Gerüchte, es handele sich um die Pest, können aus dem Weg geräumt werden. Maßnahmen zur „Behinderung größerer Menschenansammlungen“ werden landesweit nicht als zweckmäßig betrachtet. Die Verantwortung zur Eindämmung der Grippe wird auf das individuelle Verhalten abgeschoben. Der Bericht des Stadtarztes von Stuttgart verharmlost die Situation.

Süddeutsche Zeitung, 27.10.1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: IZM; 1 D-15-676.

Stadtverordnetenversammlung

Die Vorwärts Zeitung vom 03. November 1918 berichtet, dass über die Ursache und Gründe der Seuche während der Stadtverordnetenversammlung gesprochen wurde. Von 300 Gemeindeschulen sind bereits 216 geschlossen worden. Des Weiteren seien Krieg und Ernährung schuld an der Seuche.

Mitteilungsblatt der Vorwärts Zeitung, 03.11.1918, S. 3; Tageszeitung; Zeitungspapier; Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung. URL: http://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=MB13031&page=2.

Ein Ende der Grippe ist – scheinbar – in Sicht

Karlsruhe, 4. November 1918. Das Zurückgehen der Grippe und die Wiedereröffnung der Schulen wird verkündet.

Süddeutsche Zeitung, 05.11.1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: IZM, 1 D-15-585.

Berichterstattung in der internationalen Presse

Übersetzung (J. M.):
Uncle Sams Ratschläge gegen Grippe – U. S. Public Health Service veröffentlicht offizielle Gesundheitsmittelung über die Grippe. Das Aktuellste zum Thema. Epidemie vielleicht doch nicht spanischen Ursprungs, Keim weiterhin unbekannt, Leute sollten sich vor Tröpfcheninfektion in Acht nehmen – Chirurg General Blue gibt verlässliche Auskunft

In den USA startete im September 1918 eine offizielle Aufklärungskampagne der nationalen Gesundheitsbehörde (U.S.P.H.S.). Die medizinischen Auskünfte über die Grippe wurden in Zeitungen im ganzen Land gedruckt – allerdings selten auf der ersten Seite.

Pullman Herald, 18. Oktober 1918, S. 4,Tageszeitung, Zeitungspapier (Quelle: Library of Congress).

Übersetzung (J. M.): Wie verläuft die Krankheit? Stirbt man daran? „Normalerweise hält das Fieber über zwei bis drei Tage an und der Patient erholt sich davon wieder. Während die Todesrate in der derzeitigen Epidemie im Allgemeinen gering war, gab es jedoch an einigen Orten Ausbrüche von schwerem Ausmaß, bei denen die Zahl der Toten hoch war. Beim Auftreten eines tödlichen Verlaufs ist dieser wahrscheinlich die Konsequenz einer Komplikation.“

Der Artikel ist als Frage-Antwort-Format aufgebaut, in dem Uncle Sam die wichtigsten Fragen zur Grippe – wie man sie erkennt, welche Symptome und Verläufe zu erwarten sind und wie man sich schützen soll – in beruhigender Art und Weise beantwortet. Die Informationen sind medizinisch auf dem damaligen Stand und sehr detailliert. Uncle Sam spricht auch einen möglichen tödlichen Verlauf an.

Pullman Herald, 18. Oktober 1918, S. 4,Tageszeitung, Zeitungspapier
(Quelle: Library of Congress)
.

Übersetzung (J. M): Husten und Niesen verbreiten Krankheiten – so gefährlich wie Giftgaskapseln – die Verbreitung der Spanischen Grippe bedroht unsere Kriegsproduktion – US Public Health Service beginnt landesweite Gesundheitskampagne

Die zentral ausgegebenen Informationen begleitete eine Zeichnung, in der auch der Appel an den kranken Bürger, die Zivilbevölkerung und die Soldaten durch eigenverantwortliches Handeln zu schützen, deutlich wird. Durch den Vergleich mit Giftgas und der Erwähnung der Kriegsproduktion wird der Kampf gegen die Grippe in den Kontext des Weltkriegs gestellt. In diesem Sinne wird jeder Versuch der Eindämmung der Epidemie als kriegswichtiger, patriotischer Akt verstanden.

The Lake County Times, 10. Oktober 1918, S. 10, Tageszeitung, Zeitungspapier (Quelle: Library of Congress).

Übersetzung: Grippe – Wie man sich nicht ansteckt – wie man sich um diejenigen kümmert, die es sie haben – lesen und beherzigen Sie die folgenden Ratschläge der Gesundheitsbehörde der Stadt Chattanooga (Tennessee)

Zeitungen waren als Sprachrohr nicht nur für die nationale Gesundheitskampagne in den Vereinigten Staaten relevant, sondern auch für die lokalen Behörden. Insbesondere die Lokalpresse spielte für diese eine Rolle. Die Bürger waren somit gut über die Grippe und ihre Prävention informiert.

The Chattanooga News, 15. Oktober 1918, S. 10, Tageszeitung, Zeitungspapier (Quelle: Library of Congress).

Übersetzung (B. S.): Der furchtbare Influenza-Erreger! Wer keine Maske trägt, ist töricht!

In Japan entpuppen sich Zeitungen als ungeeignet, die Bevölkerung über die „Spanische Grippe zu informieren. Da sie nur in kleinen Auflagen erscheinen und ein Großteil der Japaner sie nicht liest, greift die Regierung auf das Poster als alternatives Printmedium zurück.

Staatliches Hygieneamt (Hg.): Ryūkōsei kanbō 流行性感冒 [Influenza], Tokyo 1922; Buch; Quelle: Kokuritsu Kokkai Toshokan (Nationale Parlamentsbibliothek).

Übersetzung (B. S.):
Oben: Wenn man keine Maske trägt…
Mitte: Tragt Masken in Zügen und Trams und vergesst nicht zu gurgeln, wenn ihr nach Hause kommt!
Unten: Masken und Gurgeln

Die Poster bilden Präventionsmaßnahmen und Verhaltenshinweise ab. Zum Beispiel wird das Tragen einer Maske zum Selbstschutz aber auch in Hinblick einer Rücksichtnahme auf die eigenen Mitmenschen empfohlen. Daneben gilt auch Gurgeln als schützend.

Staatliches Hygieneamt (Hg.): Ryūkōsei kanbō 流行性感冒 [Influenza], Tokyo 1922; Buch; Quelle: Kokuritsu Kokkai Toshokan (Nationale Parlamentsbibliothek).

Die englische Presse berichtet verhalten über die Grippe. Medizinische Fachkreise vertreten die Meinung, dass keine unnötige Angst in Bezug auf die Pandemie aufkommen solle. Somit kann sich die Bevölkerung aber auch kaum über die Grippe und mögliche Schutzmaßnahmen informieren.
Eine Ausnahme bildet die Berichterstattung des Manchester Guardian, der eng mit dem lokalen Medical Officer of Health, Dr. James Niven, zusammenarbeitet. Dieser transportiert ausführlich medizinisches Fachwissen über die Krankheit und veröffentlicht eigene Empfehlungen zur Prävention der Krankheit und der Verhinderung ihrer Ausbreitung. U. a. thematisiert er das unbedingt notwendige Zuhausebleiben selbst bei einer nicht ernsthaften Erkrankung, Arbeitgeber sollten Verständnis zeigen.

James Niven, Medical Officer in Manchester, 1894 bis 1922. Todesanzeige im Lancet, 1925. (Quelle: Unbekannter Autor – https://wellcomeimages.org/indexplus/image/M0014603.html, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=33736016, abgerufen am: 25.01.2021).

Darstellung in der Werbung

Vorwärts Zeitung, 08.11.1918, S. 6; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier;
Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung. URL: http://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW35307&page=5.

Werbeanzeigen für Erkältungsmittel

Erkältungsmittel aller Art wurden spätestens mit der zweiten Welle in vielen von der Pandemie betroffenen Nationen vermarktet. Ob in Tablettenform wie die „Succolan-Tabletten“ (siehe Abbildung oben), oder als Salbe wie die „Mother’s Joy Salve“: Immer sollten diese Mittel nun auch Abhilfe bei Erkrankung mit der „Spanischen Grippe“ schaffen, die unter der Bezeichnung Grippe oder Influenza dominant aus dem Schriftbild heraussticht.

The County Record (Kingstree, South Carolina), 18.12.1919; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: Library of Congress.

Werbung für ein Lungentonikum

Diese Werbung für Neuffer’s Lungentonikum bietet ein Beispiel für Panikmache in Werbeanzeigen. Aufmerksamkeit soll hier generiert werden durch die Information, dass innerhalb eines Jahres bereits 500.000 Menschen an der Grippe verstorben sind. Dies sei das Doppelte der Kriegsverluste im 1. Weltkrieg. Gegen diese Katastrophe würden Ärzt*innen dringend die Anwendung von Toniken empfehlen.

The Abbeville Press and Banner (Abbeville, South Carolina), 04.02.1919; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: Library of Congress.

Zigaretten gegen die Grippe

Viele der zeitgenössischen Produkte wurden zu Zeiten der „Spanischen Grippe“ von findigen Werbemacher*innen als Heilmittel neu erfunden. So sollen diese Smo-ko Zigaretten durch das Einatmen Lunge und Atemwege desinfizieren. Regularien gegen solche irreführende Werbungen gab es in den USA zu der Zeit nicht.

The Evening World (New York, New York), 14.11.1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: Library of Congress.

Werbung für Zahnputzmittel

Auch Zahnpasta konnte mit Verweis auf die „Spanische Grippe“ beworben werden, da Zahnhygiene für essentiell im Kampf gegen die Grippe erklärt wurde. In den USA geschah dies mit „Colgate“, in Deutschland existiert ähnliche Werbung für Produkte wie „Chlorodont“.

The Sun (New York, New York), 15.10.1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: Library of Congress.

Milchkonsum gegen die „Spanische Grippe“

Lebensmittel wie „Horlick’s Original Malted Milk“ (Horlicks Original-Malzmilch) wurden nun ebenfalls als Heilmittel in einem Zusammenhang mit der Spanischen Grippe angepriesen

The Evening World (New York, New York), 20.02.1922; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Quelle: Library of Congress.

Werbung für einen Telefon-Desinfektor

Während  der „Spanischen Grippe“ konnte auch Telefonieren die Gesundheit gefährden, da Telefone meistens öffentlich waren oder zumindest von mehreren Personen genutzt wurden. Ein Schweizer Werbemacher profitierte von diesem Risiko mit dieser Werbung für sein Produkt „Grippsano“. Dieses soll als portabler Desinfektor direkt an der Telefonmuschel angebracht werden.

Basler Nachrichten, Oktober 1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier.

Staubsaugen gegen die „Spanische Grippe

In dieser Werbung aus der Schweiz wird ein
Elektrischer Staubsauger beworben,
der auch die Bazillen aus der Luft saugt.
Explizit wird er daher zur Bekämpfung
der „Spanischen Grippe“ empfohlen.

Schaffhausener Intelligenzblatt, 13.08.1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier.

Werbeanzeige für den „Sicherheit zuerst“-Schleier

Solche Gesichtsschleier wurden in den USA als Alternative zu den häufig verpflichteten Masken populär. Der in dieser Modezeitschrift vorgestellte Schleier besteht hauptsächlich aus Shetland-Wolle und soll damit etwas leichter sein als seine Vorgänger aus Chiffon. Durch die Namensgebung dieses Schleiers wird auch etwaiger Kritik an seiner unmodischen Erscheinung vorgebeugt. Denn spätestens seit 1914 galten Schleier eigentlich als vollkommen überholt.

Women’s Wear Daily, 23.10.1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier.

Werbung für eine Lebensversicherung

Weniger zuversichtlich als die bisherigen Anzeigen erscheint diese Werbung für Lebensversicherungen. In erster Linie warnt diese Anzeige vor den Gefahren der Grippe, aber genauso werden Kriegsteilnehmer angesprochen. Das Leben im Jahr 1918 konnte eben aus vielen Gründen besonders flüchtig sein.

Gießener Anzeiger, 23.10.1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier.

Das individuelle Leid

An der Front

Im März 1918 herrscht im Westen Europas noch immer der Erste Weltkrieg und der Tod ist allgegenwärtig. Nicht nur wegen des Kriegsgeschehens, auch die Grippe breitet sich unter den Soldaten immer weiter aus. Bis zu 15% der Soldaten erkranken an dieser, damit stellt sie eine größere Gefahr dar als der Krieg selbst. Trotzdem erhält die „Spanische Grippe“ recht wenig Aufmerksamkeit von den Zeitgenossen. Wahrscheinlich auch, um die Familien Zuhause nicht zu verunsichern.

Ein Foto des amerikanischen Militärfriedhofs Camp du Valdahon in Doubs, Frankreich. Viele der Verstorbenen sind keine im Krieg gefallenen Soldaten, sondern Opfer der „Spanischen Grippe“, welche nie nach Hause zurückkehren konnten.

View of U.S. Military Cemetery, Camp du Valdahon in Doubs Frankreich von LT. R. W. Sears. S. C.am 24.01.1919; Foto; National Archives and Records Administration; https://catalog.archives.gov/id/86708067.

Freund an Wolfgang Panzer am 28. August 1918 (Feldpostbrief)

In diesem an Wolfgang Panzer gerichteten Brief, berichtet ein Freund von seiner Erfahrung mit der „Spanischen Grippe“. Bei ihm sind die Nieren und das Herz so stark angegriffen, dass er sich vom Dienst krankmelden muss. So wie er fallen viele weitere Soldaten aus und können ihrer Tätigkeit als Soldat nicht mehr nachgehen.

Freund an Wolfgang Panzer am 28.08.1918; Museumsstiftung Post und Telekommunikation; Inventarnummer: 3.2012.2822.

Adolf Treber an seine Familie am 15. Oktober 1918 (Feldpostbrief)

Ein Brief Adolf Trebers an seine Familie vom 15. Oktober 1918. Er berichtet, dass die „Spanische Grippe“ unter seinen Kameraden grassiert. Er versichert aber, er sei bis dahin verschont geblieben und versucht so ihnen keine Sorgen zu bereiten.

Adolf Treber an seine Familie am 15.10.1918; Foto: Peter Boesang; Museumsstiftung Post und Telekommunikation; Inventarnummer: 3.2011.3956.

Eine Todesanzeige eines Soldaten veröffentlicht in der Breckerfelder Zeitung am 22. Dezember 1918. August Frede liegt in einem deutschen Lazarett, nachdem er im Krieg verwundet wurde. Er stirbt dort allerdings nicht an seinen Kriegsverletzungen, sondern an der Spanischen Grippe. Er hinterlässt seine Frau und Kinder, die zuvor gehofft hatten, ihn schnell wiedersehen zu können.

Breckerfelder Zeitung. General-Anzeiger für Märkisch Sauerland 22.10.1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier.

In der Heimat

Die „Spanische Grippe“ trifft nicht nur die Soldaten im Feld, sondern auch die Zivilbevölkerung Zuhause. Durch den Ersten Weltkrieg litten auch sie unter Lebensmittelknappheit und fehlenden Medikamenten. Dies begünstigte die Ausbreitung der Grippe.

Zudem erlebten Erkrankte auch Grenzerfahrungen, da sie aus der Bevölkerung ausgeschlossen wurden. Denn niemand wollte ihre Wohnungen betreten – aus Angst vor der Ansteckung. Als seien es „Pesthöhlen“. Trotzdem fand die „Spanische Grippe“ nur wenig Beachtung in der Zivilbevölkerung. Die wenigen Erwähnungen geben aber dennoch einen persönlichen Einblick in den Umgang und das Leben mit der Spanischen Grippe.

Ehefrau an Ernst Rasch am 23. Oktober 1918 (Feldpostbrief)

In diesem Brief beschreibt Ernst Raschs Ehefrau ihm die Lage Zuhause in Koblenz. Beide Kinder sind krank und sie macht sich Sorgen, dass es sich um die „Spanische Grippe“ handelt. Die Angst rührt daher, dass schon mehrere Bekannte an dieser erkrankten und auch verstarben.

Ehefrau an Ernst Rasch am 23.10.1918; Foto: Peter Boesang; Museumsstiftung Post und Telekommunikation; Inventarnummer: 3.2002.9052.

Brief einer Krankenschwester an ihre Freundin

Ein Brief von Lutiant van Wert an eine Freundin an der Haskell Universität. Sie berichtet über ihre Erfahrung als freiwillige Krankenschwester in den Lazaretten für Erkrankte der Spanischen Grippe verschiedener Militärbasen. Für sie war der erste verstorbene Offizier auf der Arbeit so schockierend, dass sie es emotional kaum verkraften konnte.

Lutiant Van Wert an eine Freundin am 17.10.1918; National Archives and Records Administration; https://catalog.archives.gov/id/2641556.

Eine Todesanzeige im Gedenken an einen Gesangsbruder durch den Männergesangsverein Schalksmühle e.V. Sie vermitteln hier, dass der Tod durch die „Spanische Grippe“ überraschend für alle kam.

Breckerfelder Zeitung. General-Anzeiger für Märkisch Sauerland 22.10.1918; Tageszeitung; Zeitungsdruckpapier; Universitäts- und Landesbibliothek Münster.

Ausblick

Die COVID-19-Pandemie hält die Welt seit über einem Jahr im Klammergriff. Das öffentliche Leben ist weitgehend zum Erliegen gekommen, die Gastronomie, der Einzelhandel und sogar die Bildungseinrichtungen sind von Schließungen betroffen. Kulturelle Einrichtungen wie Museen, Theater oder Opern haben bis auf kurze Ausnahmen ihre Tore seit nunmehr zehn Monaten nicht öffnen dürfen. Betroffen ist hiervon natürlich auch diese Ausstellung, die aufgrund der Regelung zur Distanzlehre lediglich online stattfinden kann.

So exzeptionell einem die Situation rund um COVID-19 auch vorkommen mag, weist sie einige verwandtschaftliche Eigenschaften mit der letzten großen Pandemie, der „Spanischen Grippe“ auf. Die Medien zeigen Bilder von Menschen mit medizinischen Masken, bezeichnen die „Spanische Grippe“ als „Mutter aller Pandemien“[1] und vergleichen getroffene Maßnahmen wie die bereits genannten Schulschließungen.

Aus den genannten Gründen hat diese Ausstellung sich mit der „Spanischen Grippe“ befasst und vor allem mit der kontemporären medialen Rezeption. Die gezeigten Ausstellungsstücke sollten einen Überblick bieten über die Berichterstattung in den Medien, die Bezugnahme der Werbung auf die Pandemie und den Einfluss, den die die „Spanische Grippe“ auf die Bevölkerung hatte.  Es konnte natürlich keine abschließende Betrachtung der „Spanischen Grippe“ geliefert werden, sondern sollte einen Anknüpfungspunkt für weitere Betrachtungen liefern.

[1] Fürthauser, Magdalena / Birken, Tobias: Die Mutter aller Pandemien in datev-magazin.de, 28.05.20

Link zum Ausstellungskatalog

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten